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FinTechs im Vergleich: Solaris vs. Brygge – Aufbruchstimmung trotz Krise

FinTechs, einst wachstumsstarkes Segment in der umtriebigen Start-up-Szene, liefern längst nicht mehr nur positive Schlagzeilen. Bei der Solaris ist die BaFin zu Gast, Brygge wurde zu einem Zeitpunkt gegründet, an dem bei den einst spendablen Investoren das Geld längst nicht mehr so locker saß. Ihren Optimismus wollen sich beide Unternehmen trotzdem nicht nehmen lassen. „die bank“ sprach mit Carsten Höltkemeyer, designierter CEO der Solaris SE, sowie Cornelia Schwertner und Bianca Steinke, den Gründerinnen der Brygge GmbH, über Wachstumstreiber, Milestones, Banking für alle und die Liebe zum Fußball.

 

Bildquelle: istock.com/H_Barth

Berlin-Kreuzberg, Wrangelkiez unweit des berüchtigten Görlitzer Parks. Hier zeigt sich die Hauptstadt von ihrer typischen Seite: Multikulti, buntes Sprachengewirr und wuseliges Treiben, Dönerstände, Pommesbuden und Spätis säumen die Schlesische Straße. Die großen Klinkerbauten an der Ecke Cuvrystraße wirken da wie ein Fremdkörper. Hier hat der Berliner Lieferdienst Lieferando gut sichtbar sein Quartier bezogen. Im Hinterhof sitzt etwas unauffälliger die Neobank Solaris SE. Nachmittags um 17 Uhr liegen die meisten stylish eingerichteten Großraumbüros schon im Dunkeln. Nur im Konferenzraum brennt noch Licht. Darin arbeitet Carsten Höltkemeyer einen Termin nach dem anderen ab und stellt sich auf einen langen Abend ein. Seine gute Laune trübt das nicht.

Hamburg, Alter Wall, nur wenige Schritte vom prächtigen Rathaus entfernt. Hier säumen repräsentative Geschäftshäuser aus der Zeit um 1900 die breiten Straßen. Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein setzen die Gebäude in perfektes Licht und beweisen, dass die Hansestadt selbst im tiefsten Winter keinesfalls durchgehend ins berüchtigte Schmuddelwetter abtaucht. Cornelia Schwertner und Bianca Steinke haben für das Interview ein zentral gelegenes Restaurant vorgeschlagen. Noch pendeln die beiden Unternehmerinnen zwischen Homeoffice und Meetings in- und außerhalb der Hansestadt.

Die teure Miete für Büroräume wollen sie sich bis auf Weiteres sparen. Und anders als die traditionsreichen Banken werden sie ihre Kundinnen und Kunden ohnehin nie persönlich in einer Filiale empfangen. Sorgten alte und neue FinTechs jahrelang für viele positive Schlagzeilen, war das vergangene Jahr vor allem von Massenentlassungen, Pleiten und ausbleibenden Finanzierungsrunden geprägt. Miriam Wohlfarth, die erfolgreich den Zahlungsdienstleister Ratepay gegründet und groß gemacht hatte und dann mitten in der Pandemie mit dem Kredit-Startup Banxware startete, bezeichnete 2022 für die Branche gar als das schwierigste Jahr seit der Finanzkrise. Vor allem Ukraine-Krieg, Rekordinflation und Zinswende setzten den FinTechs zu.

Neobanken wie Ruuky und Nuri gingen pleite, der Zahlungsdienstleister Klarna, Neobroker Trade Republik oder auch das Öko-FinTech Tomorrow bauten massiv Arbeitsplätze ab. Laut einer Anfang Februar 2023 veröffentlichten Analyse von Finance Forward und Finanz-Szene haben die 64 größten deutschen FinTechs im vergangenen Jahr knapp 1.300 Stellen gestrichen und noch rund 16.000 Mitarbeitende beschäftigt. Die gute Botschaft: Allein bei LinkedIn seien aber bereits wieder 1.090 offene Stellen ausgeschrieben. „Somit könnte die große Entlassungswelle auf Zweijahressicht schon wieder zum Nullsummenspiel für den Sektor werden“, so die Newsletter.

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Eli Hamacher ist Diplom-Volkswirtin und arbeitet seit 30 Jahren als Wirtschaftsjournalistin. Die Freelancerin schreibt für „die bank“ vor allem über die Branche und Porträts über einzelne Unternehmen. Ein weiterer Fokus ihrer Arbeit sind Auslandsmärkte.

Artikel aus "die bank" 03/2023 bei Genios kaufen