Herr Gossow, Sie haben die Führung des Bank-Verlags in einer Zeit übernommen, in der die komplette Finanzindustrie im Umbruch ist. Wie nehmen Sie die Situation wahr?
Der Veränderungsdruck ist nicht neu – vom Umbruch in der Bankenindustrie redet man bereits seit mehreren Dekaden. Nur die Geschwindigkeit und die Radikalität der Transformationen nehmen zu. Ich denke, das wird sich auch nicht mehr ändern. Der Transformationsmix aus technologischem Wandel, immer stärkerer Regulierung und dem Verschwimmen von Grenzen aus klassischem Banking und Embedded Finance wird uns noch lange erhalten bleiben. Was wir sehen, ist, dass die Banken in unterschiedlicher Weise mit diesem Transformationsdruck zu kämpfen haben.
Die einen kommen besser klar als die anderen?
Ja, und das ist ganz natürlich, da die Institute auch vollkommen unterschiedlich aufgestellt und vorbereitet sind. Es ist alles andere als trivial, eine klare Transformationsagenda zu entwickeln – zumal bei gleichzeitig unsicheren Prognosen und knappen Ressourcen. Eine solche klare Agenda aber ist in der derzeitigen Situation das Wichtigste, um das Ausmaß der Veränderungen überhaupt bewältigen zu können. Paralyse kann sich niemand leisten.
Was ist die größte Herausforderung?
Wir alle – die Banken wie auch wir als Dienstleister – müssen zum einen vielfältige regulatorische Anforderungen bedienen. DORA, FIDA, PSD3, PSR, SEPA-Echtzeitüberweisungen, Digitaler Euro etc. Das allein zu bewältigen, erfordert bereits einen exorbitanten Aufwand. Aber daneben gilt es eben auch, weiterhin innovativ zu sein, den Menschen zuzuhören, neue Prozesse und Produkte zu gestalten, die am Puls der Zeit sind. Auch, weil andere Spieler in den Markt eintreten und z.B. Zahlungsverkehrslösungen zum Teil ihrer Dienstleistung machen. Hier wollen wir als Bank-Verlag unseren Kunden dabei helfen, von state-of-the-art Lösungen zu profitieren, ohne alles selbst entwickeln zu müssen.
Wie bewältigt der Bank-Verlag diese Herausforderungen?
Wir haben zwei wesentliche Stoßrichtungen. Mit unserem Programm #bv_next_level optimieren wir Strukturen und Prozesse und modernisieren unsere Systeme. Daneben wachsen wir auf der Personalseite, um den gestiegenen Anforderungen und Herausforderungen zu begegnen und unseren Kunden moderne Lösungen anbieten zu können.
Hat es schon etwas gebracht?
Auf jeden Fall! Nehmen Sie nur das Thema „Verification of Payee“. Finanzinstitute und Zahlungsdienstleister müssen bis Oktober einen Service anbieten, der es Auftraggebern von Überweisungen vor Autorisierung ermöglicht, die IBAN mit dem Namen des Zahlungsempfängers abzugleichen. Wir haben gemeinsam mit msg for banking eine Lösung geschaffen, die nahtlos und zuverlässig in den operativen Betrieb der Banken integriert werden kann und die in hohem Maße skalierbar ist.
Was hat Ihnen in den ersten Monaten ansonsten Freude bereitet?
Dass wir die Commerzbank erfolgreich beim Launch von Apple Pay für die Girocard unterstützen konnten. Das ist für mehr als zehn Millionen Commerzbank-Kunden ein echter Mehrwert im Mobilen Bezahlen. Es gibt ja noch immer tausende Apotheken, Taxen, Cafés oder kleinere Einzelhandelsgeschäfte, die keine Kreditkarten akzeptieren. Für die Kundinnen und Kunden bedeutet das also eine deutlich erhöhte Flexibilität. Das war ein echter Meilenstein und weitere werden noch dieses Jahr folgen.
Es gibt also noch mehr solcher Themen?
Unzählige. Wir erleben ja gerade mit den Echtzeitüberweisungen ein weiteres Feature im Daily Banking, das Millionen Menschen begrüßen werden. In Banking und Zahlungsverkehr schlummern noch unendliche Möglichkeiten der Optimierung. Und wir als Bank-Verlag können unsere Partner auf allen Wegen der Weiterentwicklung unterstützen und Skalenvorteile sowie technische Kompetenz anbieten. Insofern bieten die zahlreichen regulatorischen Veränderungen einerseits und die vielen technischen Innovationen andererseits zahlreiche Chancen für uns als Dienstleister.
Zur Person
![]() | Philipp Gossow Bank-Verlag GmbH, Sprecher der Geschäftsführung |