Bitte warten...

Die EUDI-Wallet kommt. Und was haben die Banken davon?

Gehört und gelesen hat wohl jeder bereits vom Begriff der EUDI-Wallet. Was verbirgt sich eigentlich dahinter und noch wichtiger: Wie können Banken von dem vermeintlichen Tausendsassa profitieren?

Das Bild zeigt einen Fingerabdruck auf einem rechteckigen, digitalen Gerät.

Eine für alle – dieser Auftrag schien ganz oben im Pflichtenheft für die EUDI-Wallet (European Digital Identity Wallet) zu stehen. Ob Ausweis, Führerschein, Versicherungsnachweise, Zeugnisse, Examina und vieles mehr: Sie alle sollen künftig in dieser Wallet sicher abgelegt sein.

Die fünf zentralen Vorteile der EUDI-Wallet

 

Diana Campar, Expertin im Bankenverband, beschrieb die Pluspunkte einer europäischen digitalen Identität neulich bei einer Veranstaltung des Bank-Verlags mit fünf Stichworten:

 

  • Sicherheit: Steht an erster Stelle, darauf sollen sich die Bürger:innen verlassen dürfen, wenn der Staat die digitale Identität herausgibt. Dafür laufen im Hintergrund fortschrittliche Kryptografieverfahren und dezentrale Technologien ab.
  • Datensparsamkeit: In der Wallet hat einzig der Nutzende die volle Kontrolle über die persönlichen Daten und entscheidet stets, mit wem welche Daten für den jeweiligen Anwendungsfall geteilt werden.
  • Nutzerfreundlichkeit: Eine digitale Wallet reicht für viele Anwendungsfälle im öffentlichen und privaten Bereich aus.
  • Interoperabilität: Die digitale Wallet kann europaweit genutzt werden und muss überall anerkannt werden.
  • Standardisierung: Es gibt einheitliche Schnittstellen zu Nutzenden und den vertrauenden Parteien.

 

Eine Revolution für die Finanzbranche?  

 

Durch die eIDAS 2.0 Verordnung wird die digitale Wallet zur Pflicht. Jeder EU-Mitgliedsstaat muss bis spätestens 2027 eine Version zur freiwilligen Nutzung für Bürger:innen und Organisationen anbieten. Darin werden dann Identitätsdaten sowie amtliche und privatwirtschaftliche Dokumente digital gespeichert, Bürger:innen können diese nach Wunsch teilen und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) versehen. Dadurch kann man z. B. auch sicher auf Online-Dienste zugreifen, ohne sich immer wieder neu anmelden oder authentifizieren zu müssen. Helge Michael (Mitbegründer der Commerzbank-Ausgliederung Lissi) glaubt, die EUDI-Wallet habe das Zeug dazu, die Bereiche KYC (Know Your Customer) und QES (Qualifizierte Elektronische Signatur) für die Finanzindustrie zu revolutionieren.


In Deutschland soll die erste Wallet mit Basisfunktionen im dritten Quartal 2025 startklar sein. Unternehmen in der Finanzbranche müssen vorbereitet sein: Sie sind verpflichtet, Kunden-Wallets zu akzeptieren. Für sie bringen aber digitalisierte und optimierte Abläufe gerade im KYC-Prozess auch Einsparmöglichkeiten mit sich.

Kundenbindung durch Kundenzufriedenheit

 

In den Fokus rückt dabei zuallererst ein schnellerer Onboarding-Prozess für Neukund:innen. Dank der elektronischen Identität (eID) können sie ein Konto schnell und einfach ohne Medienbruch eröffnen. Doch auch in der Filiale können Bankmitarbeitende Kundendaten aus der Wallet auslesen und so die Legitimitätsprüfung effizienter durchführen. Schnelleres Onboarding bedeutet geringere Kosten für die Kundenakquise und den Personaleinsatz.


Auch interessant für Banken: Mithilfe der EUDI-Wallet lassen sich Services besser personalisieren und bequemer umsetzen. Diana Campar erläuterte, dass die Ident-Daten für die Personalisierung von Sicherheitsverfahren und Zahlungsmitteln reichen, wie zum Beispiel eine TAN-App oder eine digitale Kredit- oder Girokarte. Diese sind personen- und gerätegebunden. Um sie zu aktivieren, müssen Kund:innen also identifiziert und authentifiziert werden. Kann die Bank hier auf die Daten aus der Wallet zugreifen, wird der Prozess für Kund:innen komfortabler. Und Kund:innen, die passendere Angebote vorfinden, sind in der Regel zufriedener und binden sich länger an ihre Bank.

Datenqualität, Kontrolle und Sicherheit

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt im Bereich Compliance. Die EUDI-Wallet unterstützt Banken dabei, regulatorische Anforderungen zu erfüllen, indem sie Identitätsdaten sicher und transparent verwaltet. Das ist besonders im Hinblick auf Geldwäschebekämpfung (Anti Money Laundering, AML) und Terrorismusfinanzierung (Counter-Financing of Terrorism, CFT) relevant. Mit der Nutzung der Wallet verfügen Banken über die notwendigen Informationen, um verdächtige Aktivitäten erkennen und melden zu können.


Nicht zuletzt sollte die Wallet dazu führen, die Datenqualität von Finanzdienstleistern zu verbessern. Über die Wallet wird zudem ein Datenaustausch über Finanzdienstleister hinweg möglich – sofern die Nutzer zustimmen. Sie sind die Entscheidungsträger und sollen mit der EUDI-Wallet die Kontrolle über ihre Daten zurückgewinnen.

 

 

Einsatzmöglichkeiten für die EUDI-Wallet:

 

  • Banken und Versicherungen (starke Kundenauthentifizierung, Zahlungsverkehr, Versicherungsnachweise und Authentifizierungs-Callcenter)
  • Telekommunikation (z. B. Registrierung von SIM-Karten)
  • (Einzel-)Handel (z. B. Kunden- und Rabattkarten)
  • öffentlicher Sektor (z. B. Sozialpass)
  • Arbeit und Freizeit (z. B. Qualifikationen oder Mitgliederausweise)
  • Bildung (z. B. Schüler- oder Studentenausweis)
  • Verkehr (z. B. ÖPNV-Zeitkarten)
  • Gebäudemanagement (z. B. Zutrittsberechtigungen)
  • u.v.m.

 

(Quelle: Lissi GmbH)

 

 

 

Zu den Personen

 

Portraitfoto-Diana-Campar  

Diana Campar

ist Associate Director im Bundesverband deutscher Banken e. V. und Expertin für Online- und Mobile Banking sowie für Identifizierungs- und Authentifizierungsverfahren

 

 

Portraitfoto-Helge-Michael  

Helge Michael

ist Co-Founder und CEO der Lissi GmbH, die im Inkubator neosfer entstand, der Innovationseinheit der Commerzbank AG. Lissi leitet das IDunion Forschungskonsortium und entwickelt Software für die Umsetzung von Anwendungsfällen mit EUDI-Wallets.