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Finanzdienstleister | Das Ziel: Mehr Wachstum durch Nachhaltigkeit

Finanzdienstleister in Deutschland wollen künftig verstärkt Nachhaltigkeit als Ertragsquelle nutzen. 78 Prozent der Entscheiderinnen und Entscheider seien überzeugt, dass Nachhaltigkeitskriterien bei der Entwicklung von Dienstleistungen wichtig bis eher wichtig seien, so eine neue Studie. Neben Anlageprodukten nach ESG-Kriterien rückten gendergerechte Lösungen sowie verhaltensabhängige Produkte in den Fokus. Zudem arbeite die Branche verstärkt am Erreichen eigener Nachhaltigkeitsziele, so die Analyse der Managementberatung Sopra Steria, für die mehr als 300 Führungskräfte verschiedener Branchen befragt wurden.

istock.com/AlexSava

Mitte 2021 hätten sich viele Finanzdienstleister noch zurückhaltend über Nachhaltigkeitsprodukte und ihre Rolle beim Erreichen ökologischer Nachhaltigkeitsziele geäußert, hieß es. Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien habe für jede dritte Bank vor allem eine große regulatorische Pflichtaufgabe dargestellt, und ebenfalls nur ein Drittel habe die Meinung vertreten, Banken könnten einen entscheidenden Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel leisten. Gleiches Bild in der Versicherungswirtschaft: Nur 16 Prozent der Managerinnen und Manager hätten der Aussage zugestimmt, dass Versicherer künftig wesentlich dazu beitragen würden, den Klimawandel zu stoppen, so der Branchenkompass Insurance.

Institute bedienen Nachhaltigkeit als Lifestyle
Mittlerweile genieße das Thema Nachhaltigkeit in den Chefetagen der Finanzdienstleister deutlich mehr Aufmerksamkeit, hieß es weiter. Die Pflicht solle nun zur Kür werden und Nachhaltigkeit verstärkt auch als Wachstumstreiber genutzt werden. Banken loteten inzwischen die vertrieblichen Möglichkeiten abseits von ESG-konformen Wertpapieren aus. Einige Institute bedienen den Angaben zufolge beispielsweise Nachhaltigkeit als Lifestyle, indem man einen bestimmten Prozentbetrag des Einkaufs mit der Bankkarte in Klimaschutzprojekte fließen lasse. Rund 70 Prozent der Finanzdienstleister engagierten sich zudem in sozialen Projekten und investierten in nachhaltige Finanzierungsinstrumente. Dazu zählten etwa Green Bonds und Social Bonds sowie Kredite oder Schuldscheindarlehen, deren Zinskonditionen an bestimmte ESG-Kennzahlen gebunden seien.

„Insbesondere die Geschäftsfelder Social Banking sowie Governance in Banking bieten ungenutztes Potenzial für neue Erträge“, sagte Jennifer Brasnic, Director Customer Excellence Banking bei der Managementberatung. Dazu zähle beispielsweise der Know-how-Transfer an Firmenkunden. „Banken können die gesammelten Erfahrungen bei der Umsetzung regulatorischer Vorgaben und Stresstests weitergeben sowie Expertise beim Sammeln, Auswerten und Aufbereiten von Daten extern vermarkten“, so Brasnic.

Neue Möglichkeiten der Datenauswertung würden sowohl Versicherern als auch Banken bei der Entwicklung und Vermarktung von Nachhaltigkeitsprodukten helfen, hieß es weiter. Für 73 Prozent der befragten Entscheiderinnen und Entscheider sei Data & Analytics ein zentraler Faktor zur Steigerung der Nachhaltigkeit inhouse sowie für die Entwicklung neuer Dienstleistungen, die Erträge brächten.

 

Fokus auf den Klimaschutz
Viele Nachhaltigkeitsprodukte der Finanzdienstleister fokussieren sich der Studie zufolge auf den Klimaschutz. Das Gros der Banken und Versicherungen fahre bei den eigenen Nachhaltigkeitszielen allerdings mehrgleisig. Für zwei Drittel der Befragten seien alle drei ESG-Kriterien – Environment (Ökologie), Social (Soziales) und Governance (nachhaltige Unternehmensführung) – gleichermaßen wichtig. Zum Vergleich: Branchenübergreifend besäßen in 49 Prozent der Unternehmen und Behörden in Deutschland alle drei Kriterien den gleichen Stellenwert, hieß es.

Viele Finanzdienstleister setzten innerhalb einzelner Kriterien Schwerpunkte: 62 Prozent investierten derzeit in Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen – deutlich mehr als Firmen anderer Branchen. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Finanzsektor seien zwar Frauen, die meisten davon gut ausgebildet, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Analyse von 2019. Der Frauenanteil in den Top-Führungsetagen sei dagegen deutlich niedriger. Diese Lücke wolle die Branche mit mehr Engagement schließen.

„Banken und Versicherer werden deutlich mehr Kundinnen und Kunden von ihren Nachhaltigkeitsprodukten überzeugen, wenn sie selbst ihre Hausaufgaben machen. Um wirksame Erfolge bei Themen wie Diversität zu erzielen, sollten Unternehmen – nicht nur Finanzdienstleister – diese Themen als wirtschaftliche Ziele behandeln, genauso wie Kundenzufriedenheit und Wechselbereitschaft. Sie sollten sie also mit harten Kennzahlen versehen und zudem die Auswirkungen auf die klassischen Finanzkennzahlen wie Neugeschäft und Erträge sichtbar machen“, so das Fazit von Jennifer Brasnic. (ud)

 

 


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