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Prototyp an einem Tag: Wie die DKB ihren ersten Chatbot startete

KI-Modelle entwickeln sich in atemberaubendem Tempo. Eine der vielversprechendsten Anwendungen für Banken sind Chatbots, die durch enzyklopädisches Wissen und verbale Intelligenz kompetente Hilfestellung für Kunden bieten können. Die Deutsche Kreditbank AG (DKB) zeigt, wie man vorgehen kann.

Ein Roboter in Blau- und Rot-Tönen mit einem menschlich-anmutenden, lächelnden Gesicht schaut den Betrachter direkt an.

28. April 2023, Hackday bei der DKB: Das Team um Torsten Nahm, Head of Data Science, kommt zusammen und lässt der Kreativität freien Lauf. „Noch am Abend des gleichen Tages stand der erste rudimentäre Prototyp des Chatbots“, erinnert sich Nahm. Es war der Startschuss zu einer Anwendung, die mittlerweile seit Ende April 2024 live ist und deren Umfang Nahm und sein Team stetig ausbauen.

Wie alle Banken weiß auch die DKB: Mit dem Einsatz von Chatbots kann sie ihren Kundenservice entscheidend optimieren. Chatbots sind rund um die Uhr verfügbar und ermöglichen eine schnelle und effiziente Kundenkommunikation, indem sie interaktiv auf Zusammenhänge reagieren und dynamisch Wissen verarbeiten. Wegen der hohen Skalierbarkeit kann eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Kundenanfragen gleichzeitig beantwortet werden. Aber wie geht man vor?

Prototyp – Design Sprint – Go Live


Ein halbes Jahr später – als die ChatGPT-Technologie auf EU-Rechenzentren zur Verfügung stand – startete die DKB ihr Projekt dann tatsächlich mit weiteren Recherchen und Benchmarks. Im Januar 2024 folgte ein einwöchiger Design Sprint, in dem u. a. das Aussehen, Verhalten und die Einbindung in die bestehenden Systeme definiert und umgesetzt wurden. Nahm: „Am Ende dieser Woche hatten wir einen konkreten Prototyp, den wir Kund:innen zum Testen geben konnten.“

Prioritäten der Anfangsphase waren:

 

  • hohe fachliche Qualität
  • ein möglichst geringes Risiko von Falschauskünften
  • die Erfüllung umfangreicher Anforderungen der Governance


Wie bei vielen Digitalisierungsprojekten wollte auch die DKB bei ihrem Chatbot klein anfangen, um dann sukzessive zu wachsen. Für den Go-live im April 2024 wurde daher ein Minimum Viable Product (MVP) anvisiert: Ein voll-funktionsfähiger Chatbot mit erstmal überschaubaren Funktionen. Seitdem werden die Features kontinuierlich verbessert und ausgebaut. Zum Beispiel kennt der Chatbot seit Juli die Produkte und Kontostände der Kund:innen und kann personalisierte Antworten geben. Seit November 2024 steuert er die Kommunikation und bietet auch gezielt den Ausstieg aus dem Chat an. Nahm: „In den nächsten Ausbaustufen wollen wir mehr Self-Services integrieren und planen die Unterstützung durch gesprochene Sprache.“

Eine Superintelligenz schon 2027?


Bei aller Begeisterung zeigt das DKB-Projekt auch die (vorläufigen) Grenzen von Chatbots auf. Um der Null-Fehler-Toleranz der Finanzbranche gerecht zu werden, haben Nahm und sein Team aktuell noch heikle Themen ausgeklammert und mit einer Sonderlogik versehen. So beantwortet der Chatbot etwa keine Fragen zum Wertpapierhandel. Der DKB Chatbot verweist dann an menschliche Kolleg:innen. Denn die DKB setzt bewusst auf einen effektiven Mix aus Chatbot-Technologie und persönlichen Kundenberater:innen, um den über 5,7 Millionen Kund:innen bestmöglich zu helfen und maßgeschneiderte Lösungen für ihre individuellen Anliegen anzubieten.

Torsten Nahms Blick richtet sich mehr auf die Chancen und weiteren Entwicklungen. Nicht nur bezogen auf Chatbots, sondern für den Einsatz von LLMs in vielen Bereichen von Banken. Er sieht vier zentrale Anwendungsfelder:

 

  • Klassifikation von Inhalten (z. B. E-Mail-Routing oder Beschwerdeerkennung)
  • Dokumentenanalyse (z. B. Wettbewerbsanalyse oder Informationsextraktion)
  • Information Retrieval (z. B. Websuche oder News Scanning)
  • Texterzeugung (z. B. für Marketing-Anwendungen und Chatbots)


„Es gibt bereits erste Stimmen, die eine Superintelligenz im Jahr 2027 für realistisch halten“, resümiert Nahm. Die Möglichkeiten und Auswirkungen in der Zukunft scheinen grenzenlos und noch nicht absehbar. „Aus meiner Sicht werden die gesellschaftlichen Umwälzungen durch die KI noch größer sein als bei der Industrialisierung.“

 

 

Wie funktionieren KI-gestützte Chatbots?

 

KI-gesteuerte Chatbots basieren auf Machine Learning und der natürlichen Sprachverarbeitung, dem sogenannten Natural Language Processing (NLP). Dabei stehen aktuell besonders sogenannte “Conversational Chatbots” auf Basis von GenAI im Vordergrund. Sie beruhen auf sogenannten „Large Language Models“ (LLM) und können so menschenähnliche Konversationen führen und kontextbezogene Antworten generieren. Durch die Nutzung einer eigenen Wissensbasis können organisationsspezifische Chatbots erstellt werden, die auf Basis von Unternehmens- und Kundendaten in den Dialog mit den Kund:innen oder den Mitarbeitenden treten können.

 

 

 

Zur Person

 

Portraitfoto-Nahm-Torsten  

Torsten Nahm, Head of Data Science, DKB

leitet das Kompetenzzentrum für Data Science bei der DKB. Dort werden in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Bereichen der Bank konkrete Use Cases im Bereich Data Science und Künstliche Intelligenz entwickelt und zur Produktion geführt. Nahm hat in Bonn Mathematik studiert und seitdem bei verschiedenen Banken und Beratungen gearbeitet, wo er Data Science angewendet hat, u. a. um Prozesse zu automatisieren, das Marketing zu personalisieren und Mehrwerte für die Kunden zu schaffen.